Veränderte Geografie von Himmelsrand und Solstheim
Vieles spricht dafür, dass TES V in erster Linie für TES-Neueinsteiger und Gelegenheitsspieler konzipiert wurde. Die Spieler lernen beim Wandern das Land und seine Geografie kennen und nach und nach brauchen manche keinen Questmarker, keine Wegweiser oder Karte mehr, um Ziele zu erreichen. Kaum jemand hat einen Grund, sich über die Topografie Gedanken zu machen oder sie gar in Frage zu stellen.
Doch ähnlich wie in Cyrodiil, hat Bethesda die wichtigsten und questrelevanten Orte so neu verteilt, dass sie gleichmäßig das Land abdecken und zu den neuen Quests passen. Niemand merkt es beim Spielen, denn niemand hat Himmelsrand vor TES V besucht.
Niemand? Doch. Die Spieler, die "TES I: Arena" gespielt haben, konnten Himmelsrand schon vor knapp 250 Jahren bereisen und sind jetzt zumindest erstaunt. Manche geografischen Plätze wurden so krass für TES V verändert, dass man meinen könnte, Bethesda nimmt die Spieler nicht ernst (oder glaubt, die Arena-Spieler sind mittlerweile ausgestorben). Vielleicht ist deswegen die mitgelieferte braune Himmelsrand-Karte eine Mischung aus der ursprünglichen Arena-Welt und der GPS-Ingame-Karte von Skyrim.
- Windhelm: Früher fast an der Küste und der Grenze nach Morrowind gelegen, heute nach SW ins Landesinnere verlegt (damit es wegen der Gleichmäßigkeit der Verteilung nicht zu nahe an Winterfeste liegt)
- Markarth: Früher eher zentral im Westen gelegen, tauschte den Platz mit Karthwasten. Wo heute Markarth liegt, war früher Karthwasten - und umgekehrt.
- Das, was heute Fürstentum Pale genannt wird, hieß früher Northshore (deutsche Namen gab es nicht). Die Landschaft mit dem Namen "The Pale" war früher im Süden zwischen den Fürstentümern Falkenring und Rift. Ein Überbleibsel davon ist der "Pale Pass" (Fahler Pass), den Bethesda nicht umbenennen oder verschieben konnte.
- Hoch-Hrothgar (oder Hoher Hrothgar) lag früher westlich von Labyrinthion. Für TES V wurde der Berg nach Osten von Flusswald hingezogen.
Ähnliche Änderungen hat Bethesda an der Insel Solstheim in dem DLC "Dragonborn" durchgeführt. Doch fallen die Veränderungen in Solstheim deutlicher auf, weil "TES III: Morrowind/Bloodmoon" nicht so lange zurückliegt wie "TES I: Arena" und es gibt mehr Spieler, die sich erinnern können.
Die Veränderungen in der Geografie von Solstheim können größtenteils mit der Katastrophe auf benachbartem Vvardenfell erklärt werden. Seit 200 Jahren spuckt der Rote Berg Feuer und Asche in den Himmel, was sich in Aschestürmen und Niederschlägen in Solstheim bemerkbar macht. Die Veränderungen, die einem Bloodmoon-Spieler sofort auffallen, sind folgende:
- Der südliche Teil der Insel ist fast vollständig mit Asche bedeckt. Die früheren Wälder und Pflanzen sind verbrannt und kaum etwas wächst neu nach.
- Der Fluss Iggnir entsprang früher dem Fjalding-See bei Thirsk und floss nach Süden zum Meer. Heute wird er vom getautem Schnee der Isinfier-Ebene gespeist und ist nur noch ein Rinnsal.
- Der Fjalding-See ist auf die Hälfte geschrumpft.
- Die Quellen von Harstrad waren früher in Inselmitte. Heute entspringt der Fluss einer schmelzenden Eishöhle und ist auf einen Bruchteil seiner einstigen Länge verkürzt.
- Die schmelzenden Gletschermassen haben offensichtlich auch das Land im Norden verformt und nach Osten geschoben, wo auch neue kleine Inseln entstanden sind.
- 2-3 Dutzend Höhlen und Hügelgräber sind verschüttet oder eingestürzt, so dass sie nicht mehr zugänglich sind. Man findet auch keine Spuren mehr von ihnen.
- Obwohl dem aktiven Vulkan am nächsten, ist die Felsaad-Küstenlinie weitgehend unverändert geblieben.
Mortragspitze markiert einen Berggipfel in dem Gebiet, wo sich früher der große Mortrag-Gletscher befand. Er überdeckte noch vor 210 Jaren eine ausgedehnte daedrische Kultstätte, die Mehrunes Dagon oder Molag Bal gewidmet war. Hircine nutzte diese historischen Bauten, um seine berühmte Jagd auszurichten, die in der Blutmond-Prophezeiung vorhergesagt wurde. Der Gletscher ist danach eingestürzt und möglicherweise durch den Vulkanausbruch auf Vvardenfell langsam geschmolzen, so dass man ihn heute nicht mehr als solchen wahrnehmen kann.
Außerdem findet man heute weitläufige Dwemer-Ruinen, die teils ausgegraben, teils vom Eis und Wasser freigegeben worden zu sein scheinen. Auch neue Höhlen, Lager, Minen und alte Grabstätten sind zu finden. Natürlich ist vieles wieder auf Drachen ausgerichtet und in der Hauptquest dreht es sich auch um nichts anderes. Hier erkennt man deutlich, dass die ganze Drakonisierung rücksichtslos in die Lore hineingepeitscht wurde, weil es noch vor 200 Jahren keinen einzigen Hinweis auf Drachen gab.
Beim genaueren Betrachten der Solstheim-Geografie entdeckt man (fast schon erwartungsgemäß) seltsame Gegebenheiten, die weder mit der Zeit, noch mit klimatischen oder tektonischen Veränderungen erklärbar sind. So haben manche Höhlen ihren Standort gewechselt und Hrothmunds Fluch ist jetzt um 180° gedreht (ausgesprochener Dilettantismus). Dass das abgestürzte Luftschiff jetzt ganz woanders liegt, könnte man noch auf Riekling-Aktivitäten zurückführen. Doch was wirklich verwunderlich ist: Alle heiligen Steine des Großen Schöpfers stehen jetzt woanders. Das kann man sich wirklich schlecht erklären, zumal es früher an ihren heutigen Standorten teilweise Höhleneingänge gab.
Zur Veranschaulichung habe ich eine Karte erstellt (deutsch und englisch), die die wichtigsten Veränderungen aufzeigt: Unterm Strich lässt sich sagen, dass Bethesda die Geografie (neben Lore und Terminologie) manchmal ohne Rücksicht auf die vorherigen Spiele verändert hat. Ein in sich abgeschlossenes hübsches Spiel war wichtiger als Kontinuität. Ich will nicht sagen, dass es überhaupt keine Konstanz und beständige Elemente in TES V gibt, aber Kontinuität stand nun mal nicht an erster Stelle.
↑ klarix (23.02.2013)